Schon viel hab ich davon gehört, schon lange wollte ich mir selbst mal ein Eindruck davon machen – FIESCH – das berühmt, berüchtigte Streckenflugmekka in den Schweizer Alpen.
Die Wetterlage schien für den Sonntag den 14.08.2016 perfekt. Ein großflächiges Hochdruckgebiet sollte wenig Wind aus westlicher Richtung bringen und dazu nur leichte Gewittertendenz. Also
schnell eine WhatsApp Gruppe Geründet "Fiesch Rockt" und alle Verdächtigen Mittäter eingeladen. Nach dem sich die Flieger Kollegen erst zögerlich zeigten, ließen sich ein paar doch noch
motivieren den Versuch zu wagen. Und das trotz schönem Streckenflugwetter auch im Schwarzwald.
Also ab den VW-Bus packen und ab ging es zusammen mit Andreas Faller am Samstag Nachmittag Richtung Schweizer Alpen! Yuhuu!
Schon allein die Fahrt über den Atemberaubenden Grimselpass, lies unser Herz höher schlagen und ich erinnerte mich an eine Exkursion, die ich dort während meines Studiums absolviert hatte. In Fiesch angekommen, wartete bereits Mister Sawatzki auf uns und schon bald saßen wir in gemütlicher Runde zwischen den Bussen und träumten von großen Flügen. Zu aller Überraschung klingelte um 22 Uhr das Telefon – Johannes mein Mitbewohner verkündete mir, dass er eben mit Joe auf dem Grimselpass eingetroffen ist und somit auch das Abenteuer wagen möchte. Yeah, das Team war komplett und die Stimmung bestens!
Noch schnell die letzten Tipps aus Burkhard Martens Streckenflugbuch angeschaut und ab in die Koje. Doch so richtig ruhig konnte ich nicht schlafen – immerhin sollte es mein erster Flug seit langem in so einem Alpinen Gelände sein. Von Thermikbärten mit 8 – 16 m/s erzählt man sich, schroffen Felsen und der berühmten Grimselschlange….
(Die Flugroute des darauffolgenden Tages)
Am nächsten Morgen stand schon um 8 die erste kleine Cumulus am Himmel und Andreas wurde so langsam unruhig „wegen mir könnten wir ruhig schon bald am Startplatz sein“ hörte ich ihn murmeln. Also auf, Ordentlich gefrühstückt, Brote geschmiert, Trinkflaschen aufgefüllt, Urinalkondome eingepackt und ab an die Talstation, wo schon einige Gruppen mit Fliegern unterwegs waren und auch bereits die ersten Piloten einlandeten.
Yuhuu – schrie es aus mir raus, es geht los!!
Oben angekommen war der Blick vom Startplatz schon sensationell! Bis um 11 Uhr ging es aber noch etwas zäh nach oben, so dass wir uns gemütlich Zeit ließen mit den Vorbereitungen.
Wieder war es Andreas der Dampf machte und somit als auch erster in den Tag startete. Kurz darauf startete ich und flog in meine erste Fieschthermik ein.... Man muss sich erstmal an die großen Kreise gewöhnen, in denen man mit den vielen anderen Piloten über dem Startplatz aufsteigt. Doch nach ein paar wenigen Kreisen läuft es und die erste Anspannung lässt nach. Nach wenigen Minuten waren alle in der Luft und es dauerte nicht lange bis Andreas, Johannes und ich mit dem ersten schönen Bart über den Aletschgletscher aufdrehen konnten.
Unglaublich!
Ich kam kaum aus dem Staunen raus…doch wurde ich an den kleinen Streckenplan erinnert, als wieder Andreas als erster die Talquerung Richtung Bellwald ansetzte. Ich wartete noch etwas und düste dann mit Johannes hinterher.
Es sollte die übliche Route erst nach Osten zum Siedelhorn nähe Grimselpass gehen (ca. 20 km) und dann zurück am Aletschgletscher vorbei zum Riederhorn und weiter Richtung Crans Montana. Je nachdem sollte es dann auf dem Rückflug noch ins Saas-Tal gehen, um ein FAI Dreieck zu zaubern. Aber abwarten… Bald schon merkten wir, was es bedeutet in Fiesch zu fliegen und der erste kräftige Bart zupfte mit streckenweise 8 m/s an meinem Flügel. Das lässt sich schon sehen. Ich nehme ein paar tiefe Atemzüge und komme langsam in das Alpenfeeling. Wahnsinn, denke ich mir immer wieder. Diese schroffe Fels- und Eislandschaft ist doch ein kleinwenig anders als der Schwarzwald. Ganz geheuer sind mir die Felswende nie so richtig und so taste ich mich auch vorsichtig und mit voller Konzentration über den Grat Richtung Siedelhorn, begleitet von zahlreichen Fliegern.
Die Aussicht dort oben ist einfach atemberaubend und den Grimselpass mit seinen Seen und dem Aaregletscher aus dieser Perspektive betrachten zu dürfen ist ein Geschenk. Die Grimselschlange scheint heute zu schlafen, so dass ein paar Piloten sogar den Sprung über den Furkapass Richtung Chur versuchen. Ich sauge all die Eindrücke in mich auf, schieße noch ein paar Fotos und setze den Wendepunkt.
Andreas ist schon wieder vorne dran, ganz oben unter den Wolken. Die Route zurück läuft easy und wir freuen uns, als Johannes, Andreas und ich wieder gemeinsam über dem Aletschgletscher drehen. Zeit für ein paar schöne Eindrücke und Fotos für die Erinnerung.
Es geht weiter Richtung Riederhorn. Andreas wieder vorne weg. Der Junge will wohl heute alle Rekorde brechen. Den Höhenrekord haben wir mit 3500m alle schon gebrochen! Johannes und ich folgen etwas Talseitig. Doch nach dem großen Talsprung zum Birgischgrat , mit genügend Zeit zum Essen und Pinkeln), wird die Thermik immer ruppiger und der Talwind stärker. So fliegen wir noch ein paar Kilometer weiter und als Johannes plötzlich umdreht und unter mir durch schießt denke ich mir: „ja, vielleicht ein guter Moment umzudrehen“. Andreas ist nicht mehr zu stoppen und fliegt weiter während ich mich auch dazu entscheide umzudrehen. Auf dem Rückweg komme nicht mehr richtig in die hohen Bärte rein und so geht es mit einer Mischung aus Soaring und Thermikflug zurück. Auch interessant :)
Ich fliege ganz tief nochmal über den Startplatz hinweg und versuche auf der anderen Hangseite nochmal etwas zu soaren und mache so die 6h Airtime voll. Ein schöner Abschluss, mit dem eigenen Schirmschatten auf der Bergwiese, nach einem doch anstrengenden, sehr eindrucksvollen Flug mit überaus schönen, wie auch äußerst anspruchsvollen Momenten.
Es lohnt sich den Aufwand auf sich zu nehmen und einen Abstecher in die Alpen zu machen. So sehr ich den Schwarzwald mit seinen sanften Hügeln liebe – das Fliegen in den Alpen bereichert ungemein
und man kann viel Neues entdecken. Achtsames Fliegen, mit hoher Konzentration und wohl überlegten Entscheidungen ist in solchem Gelände stets gefordert!
Wenn man den Ausflug noch mit einer Gletscherwanderung verbindet und so das Gelände auch vom Boden erkundet, kommt man wirklich mit vielen tiefen Eindrücken zurück in den lieblichen Schwarzwald!